Mit Axel Burkart im Gespräch
Der Versuch einer Verständigung zu kritischen Themen
Seit einigen Jahren betreibt Axel Burkart eine Plattform im Netz, in der er insbesondere Vorträge platziert, die grundlegende Themen der Anthroposophie, zu Rudolf Steiner, zur Dreigliederung etc. behandelt und als Einführung öffentlich zur Verfügung stellt. Sie laufen unter dem Label „Geisteswissenschaft TV“ oder auch als „Akademie Zukunft Mensch“. Die Vortrags- und Seminarangebote werden vielfach angeklickt und stoßen auch in der anthroposophischen Szene auf Interesse. Inzwischen wird Axel Burkart als populärer Vertreter der Anthroposophie im Netz bei YouTube wahrgenommen. In die Kritik war er geraten, als er wegen einiger Passagen aus seinen Vorträgen von Kritikern als „Neu-Rechter“ angeprangert wurde. Das bezieht sich insbesondere auf Passagen über die „spirituelle Rolle des deutschen Volkes im Weltenplan“, die „arische Rasse“, die „Aufgabe der germanischen Epoche“, die „Vernichtung der deutschen Geistigkeit“, eine Verurteilung der Nürnberger Prozesse nach dem Dritten Reich als „absolute Farce“ und als „größte Manipulation der Geschichte der Justiz“, sowie die Erwähnung von „gewissen Kreisen“, die im Hintergrund das Weltgeschehen steuern sollen. Auch wenn hier keine rassistischen oder völkischen Theorien explizit vertreten werden, dienen diese Passagen nach unserer Auffassung als „Steilvorlagen“ für Kritiker, die die Anthroposophie ins rechte Spektrum verorten wollen und damit auch können.
Die interne und öffentliche Aufmerksamkeit hat sich inzwischen im Netz so weit hochgeschaukelt, dass eine Welle der Entrüstung auf die verantwortlichen Gremien der anthroposophischen Bewegung losging, als Axel Burkart im Dezember letzten Jahres zu einem Vortrag und einem Seminar ins Rudolf Steiner Haus Stuttgart eingeladen wurde. In Mails, zuletzt auch in der Presse, sowie in einer äußerst kritischen Stellungnahme des Antisemitismus-Beauftragten der Landesregierung in Baden-Württemberg, wurde darauf reagiert. Schon im Vorfeld hatten sich einige Autoren in der anthroposophischen Presse distanzierend geäußert, wie auch die baden-württembergische Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen. Der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland hatte dann die Stuttgarter Zweigverantwortlichen gebeten, die Einladung von Herrn Burkart zu überdenken und vorgeschlagen, das Seminar abzusagen. Dazu hatte sich dann die Zweigleitung nach gründlichen Überlegungen entschlossen. Ergebnis war, dass Vortrag und Seminar nicht stattgefunden haben. Das wiederum wurde durch ca. 30 Mails an den Vorstand, mit Unverständnis und dem Vorwurf einer illegitimen Einmischung sowie mit einigen Austritten aus der AG quittiert. Auch die Stuttgarter Nachrichten berichteten über die Absage.
Das Anliegen von Seiten des Vorstandes der AGiD war es, mit Axel Burkart darüber persönlich zu sprechen, so dass sich am 17. Januar 2023 Vertreter des Vorstandes der AGiD, des Bundes der Freien Waldorfschulen, Christoph Hueck vom Rudolf Steiner Haus in Stuttgart sowie Axel Burkart und zwei Mitarbeiterinnen seiner Akademie im Rudolf-Steiner-Haus in München zu einem dreistündigen Gespräch trafen. Unser Anliegen war es, zu fragen, ob Axel Burkart unsere Problemstellung in Zusammenhang mit seinen Ausführungen nachvollziehen kann bzw. ob hier eine Verständigung möglich ist. Axel Burkart hatte seinerseits das Anliegen, nicht über die kritischen Inhalte zu sprechen, sondern über den Vorgang der Ausgrenzung seiner Person durch die entsprechenden Veröffentlichungen. Wir haben in dem Gespräch versucht, beiden Anliegen Rechnung zu tragen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass zwei konträre Sichtweisen sich bis zum Schluss nicht auflösen ließen. Der Bund der Freien Waldorfschulen machte deutlich, dass es ihm darum gehe, die Anthroposophie gegen Vereinnahmungen zu schützen, sowie darum, einen entstehenden Schaden gegenüber der Anthroposophie und der Waldorfpädagogik abzuwehren und Grenzüberschreitungen aufzuzeigen, die einer solchen Schädigung Vorschub leisten. Ähnlich sahen das die Vorstände der AGiD, denen es insbesondere auch darum ging, keine „Steilvorlagen“ für den Missbrauch der Anthroposophie durch Rechte zu ermöglichen und auch die kritischen, diesbezüglichen Stellen in Rudolf Steiners Werk mit dem gegenwärtigen Bewusstsein zu beurteilen und nach 100 Jahren nicht unkommentiert weiter zu propagieren. Es wurde auf die Prüfungen von zwei Werken Steiners durch die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" von vor ca. 12 Jahren verwiesen, in dem einzelne Äußerungen Rudolf Steiners u.a. im sog. „Volksseelenzyklus“ als rassistisch angeprangert wurden. In den Gesprächen mit der "Bundesprüfstelle" (heute "Bundeszentrale") wurde festgestellt, dass Rudolf Steiner nicht als Rassist gesehen werden kann, allerdings sei von den gegenwärtigen Verantwortlichen ein Problembewusstsein zu erwarten. Damals wurde die Vereinbarung getroffen, u.a. den Volksseelenzyklus an den entsprechenden Stellen kommentiert neu herauszugeben, was einige Jahre später erfolgt ist. Wir machten deutlich, dass wir darin einen bewussten, verantwortlichen und zeitgemäßen Umgang mit der Anthroposophie sehen. Axel Burkart betonte, dass er die Anliegen zum Teil nachvollziehen könne. Dennoch erhoben er und seine Begleiterinnen den Vorwurf der Persönlichkeitsschädigung und Ausgrenzung durch die öffentlichen Distanzierungen in den anthroposophischen Medien ohne ersichtlichen Grund. Die einzelnen umstrittenen Formulierungen in den Vorträgen sahen sie als „Unschärfen“ in dem ansonsten umfangreichen und unbestritten Vortragswerk auf „Geisteswissenschaft TV“ an. Auf den Vorwurf, dass seine Darstellungen von Rechten verwendet und missbraucht würden, betonte Herr Burkart, dass sie keinen Stab von Öffentlichkeitsarbeiter*innen hätten, die sich damit beschäftigen könnten, die Reaktionen der „User“ im Netz zu analysieren. Er möchte die Anthroposophie als Zukunftsimpuls in weiteren Kreisen öffentlich bekannt machen und sieht sich als Einzelunternehmer mit beschränkten Mitteln zu Unrecht attackiert. Hier lebten und leben zwei unterschiedliche Haltungen, die nicht einfach aufzulösen sind.
In einer Abschlussrunde mit dem nochmaligen Versuch einer gegenseitigen Verständigung wurde noch einmal deutlich artikuliert, dass die genannten Äußerungen von Axel Burkart entweder als naiv oder als bewusste Öffnung zu rechtem Gedankengut, also als Strategie, angesehen werden könnten. Alle Beteiligten äußerten sich so, dass sie letzteres nicht unterstellen, wobei der Umgang mit öffentlichen Reaktionen in der heutigen Zeit als relevant für eine öffentliche Medienarbeit angesehen und angemahnt wurde. Gerade auch dann, wenn man das eigene Buch "Faszination Rudolf Steiner. Einführung in Anthroposophie", das im Eigenverlag erschienen ist, über das als rechtsextrem eingestufte compact-Magazin intensiv beworben und im dazugehörigen Shop vertrieben wird. Axel Burkart und seine Mitarbeiterinnen signalisierten hier zwar Verständnis, aber keine Verantwortungsübernahme. Sie betonten ihren positiven Beitrag für die Anthroposophie und drängten noch einmal auf eine Zurücknahme der öffentlichen Stellungnahmen der anthroposophischen Organisationen, die sie als diffamierend ansehen. Auch wurde von einer seiner Mitarbeiterinnen geäußert, dass das Gespräch hier in München eher „inquisitorische Züge“ trage.
Soweit der Versuch einer Beschreibungder Bemühung, in ein gemeinsames Gespräch einzutreten. Wir hatten den Eindruck, dass es einerseits gut war, die Menschen „live“ in einer Aussprache zu erleben. Andererseits ist es aber auch schwierig, zu einer Verständigung in den fast fundamental unterschiedlichen Positionen und Sichtweisen zu kommen. Wir endeten mit dem Vorschlag, dass jede Gruppierung einen eigenen Bericht zu dem Gespräch schreibt. Dann könnten wir sehen, ob es in einer gegenseitigen Abstimmung zu einer gemeinsamen Veröffentlichung kommen könne. Das wäre ein erster kleiner Versuch der konkreteren Verständigung. Ob das möglich wird, steht allerdings noch „in den Sternen“.
Michael Schmock (Vorstand AGiD),
Monika Elbert (Vorstand AGiD),
Matthias Niedermann (Mitarbeiter AGiD),
Christoph Hueck (Rudolf Steiner Haus Stuttgart),
Nele Auschra (Vorstand/Sprecherin Bund der Freien Waldorfschulen),
Hans Hutzel (Vorstand/politisches Netzwerken Bund der Freien Waldorfschulen)
Aktualisiert 22. Februar 2023 - Im ursrpünglichen Beitrag wurde fälschlicher Weise die Gespräche mit der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" als aussergerichtliches Verfahren bezeichnet. Zudem wurde aus dem Text nicht klar, in welchem Verlag, welches Buch von Axel Burkart vertrieben wird.